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бесплатно рефератыIvan Turgenev "Otcy i deti". Bazarow als Hauptfigur des Romans

Ivan Turgenev "Otcy i deti". Bazarow als Hauptfigur des Romans

38

Technische Universitat Munchen

WS 2008

Institut fur Slavistik

Lehrstuhl fur russische Literaturwissenschaft

Ivan Turgenev „Otcy i deti“.Bazarow als Hauptfigur des Romans

Seminar „Ivan Turgenev “Otcy i deti“

Seminarleiter: Prof. Dr. Henncke

Helen Matuwiecenen M. A. - Slavistik

Tittmannstra?e 31 6. Semester

01309 Dresden

Tel: (0351) 1151711 Abgabedatum: 26. 03. 2008

masepa@yahoo.de

Inhaltsverzeichnis

  • Einleitung
  • Das Thema Nihilismus im Roman
  • Turgenevs Nihilismus-Begriff
  • Buchners „Kraft und Stoff“ und seine Auswirkungen
  • Turgenevs Korrekturen im Roman
  • Das Bild der neuen Generation
  • Bazarow als „Held unserer Zeit“
  • Говорящая фамилия
  • Bazarows Gestalt
  • Bazarows Nihilismus
  • Uber Bazarows Materialismus
  • Bazarow und Volk
  • Bazarow und Naturwissenschaft
  • Bazarows Ansichten auf die Kunst
  • Evolution im Bazarows Charakter
  • „Мысль о человеческом ничтожестве“ im Roman
  • Bazarows Ende
  • Schlusswort
  • Literaturverzeichnis
  • Einleitung
  • „Ну, и досталось же ему за Базарова,
  • беспокойного и тоскующего Базарова
  • (признак великого сердца), не смотря на
  • весь его нигилизм!” Достоевский Ф. М., Собр. Соч. в 10 томах, т. 4, Гослитиздат Москва 1956, S. 79
  • „Отцы и дети“ („Vater und Sohne“) ist ein klassisches Beispiel des russischen sozial-psychologischen Romans. Diese Arbeit beschaftigt sich mit den ideologischen Problemen des 19. Jahrhunderts, die Turgenev in seinem Roman angesprochen hat. In Mittelpunkt stehen die Fragen des russischen Nihilismus und allgemeinen gesellschaftlichen Konflikt der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts. In dieser Arbeit wird der Hauptcharakter Bazarow, seine Stellung im Roman und auch seine Wirkung auf die andere Charaktere erlautert.
  • In einer hohen kunstlerischen Form stellte in seinem Werk Ivan Turgenev die fuhrenden Ideen der neuen Generation und den allgemeinen gesellschaftlichen Konflikt der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts dar. Die Zeitschriften „Русская литература“, „Вопросы литературы“ und „Подъём“ schrieben uber die epochale Bedeutung des Romans fur russische Gesellschaft und au?erten die Meinung, dass Bazarow - der Hauptcharakter dieses Romans - keine Illustration zur einen bestimmten politischen These sei, sondern ein vollstandiger kunstlerisch dargestellte Charakter. Пустовойт П., Роман Тургенева Отцы и дети, Москва 1964, S. 372

Das Thema Nihilismus im Roman

Der Autor arbeitete an dem Roman in der Zeit der revolutionaren Situation in Russland in den Jahren 1859-1861, was einen bestimmten Abdruck auf die ganze Romankonzeption legte. Die Zeitgenossen von Turgenev waren der Meinung, dass das Hauptproblem von diesem Roman das Problem von Nihilismus sei. Ihre Kritik betraf die Darstellung und die Deutung dieses Problems, die von Turgenev im Roman gegeben wurde. In der Tat, nach dem Werk von N. I. Nadezdin „Сонмище нигилистов“, wo dieser das Problem des russischen Nihilismus aus seiner Sicht darstellte, bekam Nihilismus als charakteristischen Zug der russischen Gesellschaft zum ersten Mal eine besondere Betrachtung in einer kunstlerischen Erfassung. Nadezdins Werk im Genre eines philosophischen Feuilletons, mit seiner charakteristischen grotesken und ironischen Note, ist der Betrachtung von zwei fuhrenden Problemen der 20er Jahre des 19. Jahrhunderts gewidmet - Romantik und Nihilismus. In seinem Werk machte Nadezdin die nihilistische Theorie zunichte und stellte sie als absurd und au?erhalb aller ethischen und asthetischen Normen dar. Ирсетская Л., И. С. Тургенев и Н. И. Надеждин о нигилизме. In: Тургеневский Сборник. Выпуск 1, Москва Русский Путь 1998, S. 35 Fast 30 Jahre trennen Nadezdins Artikel, der im Jahr 1829 geschrieben und veroffentlich wurde, und „Vater und Sohne“. Diese Tatsache weist auf die Untersuchung des Problems Nihilismus in der russischen Gesellschaft in unterschiedlichen historischen Epochen hin. In „Vater und Sohne“ ging Turgenev zum Problem von Nihilismus von der anderen - philosophischen Seite aus. Er betrachtete Nihilismus als eine soziale Erscheinung seiner Zeit in all ihrer Aktualitat und Scharfe, was der herrschenden gesellschaftlichen Situation in Russland in den 50-60er Jahren des 19. Jahrhunderts vollig entsprach.

Turgenevs Nihilismus-Begriff

Mehrere Forscher von Turgenevs Werk stellten fest, dass er den Begriff Nihilismus in der russischen Literatur gepragt und verbreitet hat. In der Tat, selbst Turgenev in seinem 1868-69 verfasstem Essay „По поводу „Отцов и детей“ beanspruchte die Wortschopfung fur sich: „Das von mir in Umlauf gebrachte Wort „Nihilist“ wurde damals von vielen angegriffen, die nur auf eine Gelegenheit, einen Vorwand gewartet hatten, die Bewegung aufzuhalten, von der die russische Gesellschaft erfasst war“ Turgenjew I., Literaturkritische und publizistische Schriften, Berlin - Weimar 1979, S. 106. In diesem Essay redete Turgenev von der Bewegung der neuen Generation Nihilisten in Russland. Das Programm der „Nihilisten“, im Namen der „reinen und positiven Vernunft“ eine gerechte Gesellschaftsordnung zu errichten, wurde bereits in den sozial-politischen und literarisch-asthetischen Kreisen der 40er Jahre vorgeformt. Aleksandr Herzens und Vissarion Belinskij Schriften haben mehrere Diskussionen hervorgerufen. Als die wichtigen Theoretiker des Nihilismus knupften Nikolaj Cernysevski im „Современник“ und Dmitrij Pisarev im „Русское слово“ an die Ideenwelt der 40er Jahre an, meistens in Opposition zur alteren Generation, die durch die idealistische Philosophie gepragt war. In den Werken von Zukovskij, Belinskij und Katkov wurde der Nihilismus-Begriff auch mehrmals verwendet.

Es ist wichtig zu erganzen, dass Turgenevs Nihilismus-Begriff seine Grundlage nicht nur aus der russischen, sondern auch aus der deutschen Uberlieferung von diesem Begriff bekam. Eine gro?e Rolle hat eine Rezension in „Современник“ von Nikolaj Dobroljubov gespielt. In diesem Artikel propagierte er die nihilistischen Theorien von den deutschen Autoren wie Buchner, Vogt und Moleschott, die damals einen gro?en Klang auch in Russland hatten. Das Werk von Ludwig Buchner „Kraft und Stoff“ (1855 in Frankfurt am Main herausgegeben worden) hatte eine Menge von Diskussionen in Deutschland sowie in Russland hervorgerufen. In „Vater und Sohne“ wurde dieses Werk von der Hauptfigur - Bazarow, einen Vertreter der nihilistischen Theorien - stark propagiert.

Buchners „Kraft und Stoff“ und seine Auswirkungen

Buchners Werk war popularwissenschaftlich geschrieben worden und galt als „Bibel des Materialismus“. Aus einer radikalmaterialistischen Sicht griff Buchner die spekulative Philosophie an und sah den gesamten Lebensbereich nur von empirischen „Fakten“ und „mechanischen Gesetzen“ existierend. Seiner Meinung nach sollte das Sein nur durch „Beobachtung“ und „positives Wissen“ begriffen werden, der Glaube an ubersinnliche Phanomene „vollkommener Unsinn“ ist und die wahre Erkenntnis nur aus der Chemie oder aus der Physik gewonnen werden kann. Dr. Louis Buchner, Kraft und Stoff. Empirisch-naturphilosophische Studien. In allgemeinverstandlicher Darstellung, 5. Aufl., Frankfurt a. M. 1858, S. 156 und 206. Rezension von Thiergen Peter, Zum Problem des Nihilismus in I. S. Turgenev's Roman „Vater und Sohne“. In: Welt der Slawen, 1993, Band 38, S. 345-346 Die Theorie stellte den Glauben an die Erkennbarkeit, Gesetzma?igkeit und Berechenbarkeit aller Lebewesen in den Mittelpunkt und propagierte eine radikale Abkehr von der Metaphysik und die Negierung der ethischen und der emotionalen Dimension des Menschen.

„Kraft und Stoff“ rief in Russland gegensatzliche Reaktionen hervor. Eine Umorientierung zu Positivismus und Naturwissenschaft als auch eine starke Propaganda des Vulgarmaterialismus unter Studenten brachte Buchners Anhanger zu mehreren Auseinandersetzungen mit den Konservativen. Der Konflikt verlief grundsatzlich zwischen Vater- und Sohne-Generationen. Die neue Generation vertrat die materialistischen Theorien, womit alle Werte und Autoritaten, die fur „Vater“ von Bedeutung waren, radikal negiert wurden. Dieser aktuelle Konflikt wurde in „Vater und Sohne“ in einer literarischen Form dargestellt. Zum ersten Mal in der russischen Literatur wurde das Problem der Vater- und Sohne-Generationen im Kontext eines starken philosophischen Ideenkampfes angesprochen, welcher durch das gegenwartige Interesse fur nihilistische und vulgarmaterialistische Theorien geweckt wurde.

Der herrschende Ideenkampf der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts erklarte den pauschalen Konflikt zwischen zwei Ideenwelten: der liberalen und der demokratischen. Im Roman „Vater und Sohne“ wird die Welt der adeligen liberalen Slawophilen durch „Vater“ dargestellt. Die nichtadeligen westlich-orientierten Materialisten und Nihilisten haben ihre Verwirklichung in der Person von Jewgeni Bazarow gefunden, der zielstrebig die Ideen der neuen Generation vertrat.

Turgenevs Korrekturen im Roman

Abgeschlossen im Jahr 1861 konnte der Roman „Vater und Sohne“ lange Zeit nicht herausgegeben werden, was vorher noch mit keinem von Turgenevs Werken geschah. Die ganze zweite Halfte des Jahres 1861 war der Uberarbeitung des Romans gewidmet worden. Die Pariser Handschrift des Romans war mehrmals von dem Autor korrigiert worden. Das hatte mehrere Grunde, darunter eine komplizierte politische Situation in Russland zur damaligen Zeit, die unmoglich eine literarische Darstellung eines russischen Revolutionars stellte, und auch die Unzufriedenheit von Turgenev selbst mit dem Charakter von Bazarow allgemein. Wahrend seines Aufenthaltes in Spasskoje lie? Turgenev mehrere gro?e Abschnitte aus dem Text aus, was eine steigende Feindschaft zwischen den Liberalen und Demokraten-Revolutionaren in den 60er Jahren in Russland auswies. Mit seiner Korrektur reduzierte Turgenev manche scharfen Repliken von Bazarow und einige von seinen provokativen Aussagen. Bazarow wurde von dem Autor sogar ziemlich „verschlechtert“, wahrenddessen sein Ideengegner - der Liberale Pawel Petrovic Kirsanow - in einem etwas besseren Licht dargestellt wurde. Die herrschenden Zensurvorschriften spielten fur die Herausgabe des Romans auch eine gro?e Rolle, indem sie alle Angriffe der Demokraten gegen den Adel in der Literatur fur ausgeschlossen hielten. Erst spater, als der Roman schon veroffentlicht wurde, erkannte Turgenev, dass in Folge seiner Korrekturen und „Verbesserungen“, die durch die allgemein schwere Situation in Russland bedingt wurden, manche Stellen im Roman nicht der Wirklichkeit entsprachen. Das bedingte eine Uberarbeitung des Romans fur eine besondere Ausgabe, was meistens zugunsten vom Charakter Bazarow unternommen wurde, um seine politische Ideenrichtung besser darzustellen und auch verstehen zu konnen.

Das Bild der neuen Generation

Die neue nichtadelige Generation der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts war die Generation der europaisierten Aufklarer. In erster Linie spurten sie eine starke Abscheu fur Leibeigenschaft in Russland und die Folgen auf dem okonomischen und sozialen Niveau. Sie kampften fur die allgemeine Aufklarung der Volksmassen, fur die Selbstverwaltung und Freiheit der europaischen Lebensformen und auch fur eine allgemeine Europaisierung von Russland. Die Interessen der untersten Schicht der Bevolkerung - der einfachen Bauern, die nur teilweise befreit wurden - standen bei ihnen an der ersten Stelle. Sie glaubten, dass das Abschaffen von Leibeigenschaft zum generellen Wohlstand der Bevolkerung fuhrt. Solche Ansichten der Aufklarer nannte man „das Erbe der 60er Jahre“, welche nicht nur von Demokraten, sondern auch von manchen Liberalen unterstutzt wurden. Die Ideenauseinandersetzung zwischen den Liberalen und den Demokraten lag grundsatzlich in der Art und Weise ihres Kampfes fur Aufklarung: die Liberalen verabscheuten zwar auch die Leibeigenschaft, hielten sich aber an die reformatorischen Methoden fur die Anderung der Gesellschaftsordnung. Die philosophischen Ansichten der neuen Generation, wie es oben schon erwahnt wurde, waren stark dem Materialismus von Buchner unterworfen. Sie teilten sein kausal-mechanistisches, utilitaristisches und rein funktionales Weltverstandnis und verlie?en sich nur auf Fakten, was ihre Negierung aller geltenden Autoritaten stark belegte.

Die grundsatzliche Weltanschauung der neuen west-orientierten Generation, die sich in Russland am Ende der 50er Jahre des 19. Jahrhunderts herausgebildet hatte und meistens aus jungen Naturwissenschaftlern bestand, verwirklichte Turgenev in Bazarows Charakter. Er erbte samtliche radikale Zuge, die ihnen eigen waren: die absolute Feindseligkeit gegenuber den Aristokraten, Verneinung von allen Prinzipien als auch eine scharfe und direkte Kritik an der gesellschaftlichen Ordnung und ein starkes Verabscheuen der Liberalen, die von dem Gedanken ihrer Feudallehre erfullt waren. Jewgeni Bazarow war ein uberzeugter Materialist und Nihilist - wie er sich selbst nannte - setzte seine nutzliche Beschaftigung mit Naturwissenschaften an die erste Stelle, hatte eine opportunistisch-reale und praktische Lebenssicht, war ein starker Gegner der Heuchelei und Scholastik und besa? eine starke Willenskraft sowie einen starken Einfluss auf seine Umgebung. Buchners „Kraft und Stoff“ wurde zu seinem Taschenbuch und seine Weltanschauung konnte man als ein Konzentrat der vulgarmaterialistischen Lehre bezeichnen. Er teilte sowohl Buchners Ansichten in Bezug auf die Welthierarchie als auch seine Negierung der Autoritaten und Prinzipien. Hierbei gilt eine entscheidende Einschrankung: diese Ansichten teilte Bazarow nur in der ersten Halfte des Romans (bis zum 16. Kapitel), in der zweiten Halfte entwickelten sich in seinem Charakter ein ausgepragter Pessimismus und Skeptizismus, was zur Infragestellung und Revision seiner eigenen Ansichten fuhrte. Auf die detailierte Darstellung dieser Evolution in Bazarows Charakter werde ich spater noch eingehen.

Bazarow als „Held unserer Zeit“

Zum ersten Mal erschien in der Literatur das Bild eines russischen Materialisten mit dem Charakter von Bazarow. Ein gro?er Verdienst von Turgenev als ein Schriftsteller-Realist ist die Tatsache, dass dieser Charakter echt und real schien und damit eine epochale Bedeutung trug. Bazarow war keine Illustration zu einer bestimmten politischen These, sondern eine vollstandige Gestalt, die auf einem hohen Niveau dargestellt wurde. Der junge Naturwissenschaftler Bazarow ruckte an die Stelle von adeligen Intelligenten wie Rudin und Lavretski und brachte damit die russische Literatur auf eine weitere Stufe. Beim Schaffen von Bazarows Charakter verfolgte Turgenev keine politisch-revolutionaren Ziele, er interessierte sich mehr fur die erkenntnistheoretische und philosophische Seite der Charakterdarlegung.

Auf den Seiten der Zeitschriften „Русская литература“, „Литература и жизнь“, „Нева“ und „Новый мир“ fanden mehrseitige Debatten uber Turgenevs eigene Ideenstellung in dieser Zeit und uber die Darstellung des neuen Charakters - Bazarow - statt. Die Handlung im Roman geschah im Jahr 1859, was der damaligen Gegenwart entsprach. Nach Turgenevs eigenen Worten war Bazarow ein „Held unserer Zeit“ gewesen. In Folge von samtlichen Diskussen um den Roman entstand die Meinung, dass Turgenev selbst mit seinen ma?igen liberalen Ideen, die sich historisch herausgebildet haben, einen gewissen Ideenunterschied zu Bazarows Theorien besa?. Der Autor stand auf der Seite der folgsamen reformatorischen Gesellschaftserneuerungen und war ein Gegner von allen revolutionaren Ausbruchen. Turgenev sah in den revolutionaren Materialisten eine gro?e Kraft der neuen Generation, glaubte aber nicht an die Perspektivitat ihrer Ideen und fand ihren zukunftigen Weg aussichtslos. Bis zum Lebensende befand sich Turgenev in einer Auseinandersetzung mit den Materialisten. Die Theorien von Cernysevski bezeichnete er als „schadlich, verlogen und widerlich“. Mehrere Forscher von Turgenevs Roman waren der Meinung, dass dies der Grund war, Bazarow als tragische Gestalt darzustellen. Selbst Turgenev schreibt in einem Brief vom 14. April 1862 an A. A. Slucevski: „Мне мечталась фигура сумрачная, дикая, большая, до половины выросшая из почвы, сильная, злобная, честная - и всё-таки обречённая на гибель“ Пустовойт П., Роман И. С. Тургенева “Oтцы и дети”, S. 373 . Damit entzog Turgenev Bazarow den gesamten gesellschaftlichen Optimismus, das Streben in die Zukunft, den Glauben an die schonen Ideale und ersetzte es mit dem kalten Opportunismus und einer tiefen Skepsis. In Turgenevs Augen trat Bazarow als Trager der neuen Mentalitat seiner nichtadeligen Generation gegenuber den alten Prinzipien der „Vater“ auf. Seine Lebenseinstellung hat ihn im Laufe der Zeit wenig vorangebracht, sie stellte sich als einseitig und unvollstandig gegenuber der ewigen Gesetze der Natur und der Ratsel der Liebe und des Todes heraus.

Bei der Arbeit an dem Charakter von Bazarow hat Turgenev ein Ausgangspunkt aus dem wirklichen Leben gebraucht, um seiner Gestalt eine gewisse Wahrhaftigkeit zu geben. Er musste diese Person mit den Augen eines Dichters sehen und spuren. J. Nikolski in seinem Buch „Turgenev und Dostojewski“ Никольский Ю., Тургенев и Достоевский (История одной вражды), София 1921, S.23 fuhrte folgenden Hinweis von Turgenev uber Bazarow an: “Я однажды прогуливался и думал о смерти…Вслед затем предо мной возникла картина умирающего человека. Это был Базаров. Сцена произвела на меня сильное впечатление и затем начали развиваться oстальные действующие лица и само действие.“ Turgenev sah Bazarow als realen Menschen und schaute die Welt aus seinen Augen an. Eine obligatorische Bedingung fur den Autor war „наличие живого лица“. Uber den Prototypen von Bazarow schreibt Turgenev folgendes: „В основание главнй фигуы, Базрова, легла одна поразившая меня личность одного молодого провинцального врача. (Oн умер незадолго до 1860 годa.) В этом замечательном человеке (Turgenev nennt ihn Doktor D.) воплотилось […] то едва народившееся, еще бродившее начало, которое потом получило название нигилизма“. Tургеневский сборник под руководством Н. К Пиксанова. Т. 10, Издательство Огни 1916, S. 346 A. I. Polovcev schreibt in seinen Erinnerungen, dass der von Turgenev genannte Arzt ein Bekannter von Turgenev Dmitriev war. Er fugt die von Turgenev gegebene Erklarung hinzu: “Без уездного врача Дмитриева не было бы Базарова. Я ехал из Петербурга в Москву во втором классе. Oн сидел против меня. Говорили мы мало, о пустяках. […] Eго мало интересовало, кто я, да и вообще литература. Меня празила в нём базаровская манера, и я стал всюду приглядываться к этому нарождающемуся типу“ „Русские писатели о литературном труде“. Т. 2, Издательство АН СССР, Mосквa 1955, S. 753.

Ein Zeitgenosse von Turgenev, N. M. Cernov, studierte mehrere Archive mit Unterlagen, die uber die Verbindung von Turgenev mit der nichtadeligen Jugend der Orlovskaja Gubernija in den 50-60er Jahren berichten. In Folge dessen stellte Cernov eine neue Hypothese uber den Prototypen von Bazarow dar: der Landgutsnachbar von Turgenev war ein junger provinzieller Arzt, den Bruder eines bekannten Folkloristen, Ethnographen und Schriftstellers, P. I. Jakuskin, Viktor Ivanovic Jakuskin. Er studierte an der Petersburger Medizinisch-Chirurgischen Akademie und war bekannt als „рассадник и колыбель нигилизма“. Seine Mutter war eine Leibeigene und der Vater ein Gutsbesitzer. Nach dem Ende seines Studiums arbeitete Jakuskin als Militararzt und dann als Landesarzt in Petersburg. Er beschaftigte sich mit wissenschaftlichen Tatigkeiten, hatte demokratische Ansichten und war in engem Kontakt mit V. Kurockin, G. Uspenski, A. Benni und A. Neciporenko, was seine Verbindung zu der fuhrenden gesellschaftlichen Ideenstromung der damaligen Zeit belegte. Der Freundeskreis von Jakuskin und sein Gesellschaftsbild, was ihn als einen Verbreiter von Nihilismus, „возбудитель спокойствия“ und einen Agitator darstellte, weisen auf mehrere Charakterzuge von Bazarow hin. Чернов Н. М., Oб одном знакомстве И. С. Тургенева. In: Вопросы литературы, 1961, N° 8, S.56

„Говорящая фамилия“

Was den Familiennamen „Bazarow“ betrifft, wurde sein Name in der Geschichte der russischen Literatur ofters als Gattungsname benutzt. Einerseits hing dies mit der philosophischen Problematik des Romans und dem dargestellten aktuellen Thema Nihilismus in Bazarows Charakter zusammen. A. Herzen und I. Pisarev nannten das dargestellte Nihilismus-Phanomen „базаровщина“ - „eine Krankheit unserer Zeit“. Пустовойт, S. 378

Andererseits greift die Tradition von „говорящие фамилии“ in der russischen Literatur noch in die Zeiten von Gogol zuruck. Man konnte annehmen, dass seit der ersten Bekanntschaft der Leser mit Bazarow sein Familienname den Anfang fur die Charakteristik seiner Person legt. Vom russischen Wort „базар“ (Markt, Basar, Spektakel) abgeleitet, assoziiert sich der Name mit einem lauten bunten Durcheinander, was dem russischen „базар“ zugrunde liegt, und auch mit einer lauten pausenlosen Unterhaltung mehrerer Menschen, die in der Regel keinen Sinn enthalt. „Говорящая фамилия“ Bazarow klingt aufreizend und sogar vulgar (eine umgangssprachliche Nutzung des Verbes „базарить“ - bedeutet: frech und vulgar sich unterhalten) und gibt Bazarow noch am Anfang die Charakteristik einer au?ergewohnlichen und „Larm machenden“ Person.

Die Ideenwelt der neuen nichtadeligen Generation, wie es oben schon erwahnt wurde, ist im Roman durch Bazarows Person dargestellt worden. Diese Darstellung beschreibt der Autor durch einen dramatischen Zusammensto? von Bazarow mit den anderen Romancharakteren. Im Laufe des Romans erlebte Bazarow mehrere Schicksalsschlage, was zu einer starken Loyalitat seiner Lebensuberzeugungen fuhrte. In der zweiten Halfte des Romans erfullte ihn Turgenev mit tiefem Pessimismus und Skepsis.

In der folgenden Analyse von Turgenevs Handschrift stelle ich diese Evolution von Bazarows Charakter genauer dar.

Bazarows Gestalt

Die erste Bekanntschaft der Leser mit Bazarow folgt im zweiten Kapitel. Als Arkadi Kirsanow mit seinem neuen Freund und Mentor Bazarow an dem Gasthof ankam, stellte Arkadi ihn zuerst seinem Vater Nikolai Kirsanow und dessen Verwalter Petr vor. Der Autor beschreibt zudem die au?ere Erscheinung von Bazarow: „Длинное и худое [лицо], с широким лбом, кверху плоским, книзу заострённым носом, большими зеленоватыми глазами и висячими бакенбардами песочного цвета, oно оживлялось улыбкой и выражало самоуверенность и ум.“ Seine Hand zur Begru?ung gab er Nikolai nicht sofort. Bazarows Verhalten scheint sehr lassig und ungeniert zu sein. „ Евгений Васильев,- отвечал Базаров ленивым, но мужественным голосом“. Er machte den starken Eindruck eines Menschen, der sich uberall sehr wohl zu fuhlen schien, nicht allzu sprechlustig war und mit den Leuten der Dienerklasse immer auf einem familiaren und freundschaftlichen Niveau blieb („Ну, поворачивайся, толстбородый! - обратился Базаров к ямщику.)

Im dritten Kapitel, wahrend der Fahrt nach Marjino, zundete sich Bazarow vollig rucksichtslos eine Zigarre an. Das bewies noch Mal seine Einstellung, dass die Meinung von den anderen (in dem Fall - vom alteren Nikolai Kirsanow, dem allerdings keine Zigarre angeboten wurde!) ihm ganz egal war. Es passierte gerade an dem Zeitpunkt, als Nikolai, der mit den frohlichen und romantischen Gefuhlen uberfullt war (welche mit dem Ankommen von seinem Sohn verbunden waren), ein Gedicht von Puskin aufsagte. Bazarows Unterbrechung erschien absolut unakzeptabel und frech. Auf das Thema von Bazarows Einstellung zu Kunst komme ich an einer anderen Stelle zu sprechen.

Eine spektakulare Szene stellt Bazarows Bekanntschaft mit Pavel Petrovic, seinem zukunftigen Ideenfeind und Objekt der Verabscheuung, dar. Mit seinen feinen aristokratischen Manieren und einem gro?tuerischen (fur Bazarow auch angeberischen) Verhalten, wird Pavel Petrovic von Bazarow heimlich verspottet und verabscheut. Bazarow akzeptierte weder die liberalen Prinzipien und Ansichten in Bezug auf die Offentlichkeit, noch die scholastische Mentalitat und die Lebensgrundsatze der Liberalen.

Nach dem kalten „Добро пожаловать“ und dem trockenen, auf englische Weise, „shake hands“, machte Pavel Petrovic eine Bemerkung (schon unter vier Augen mit seinem Bruder Nikolai), dass Arkadi „s'est degourdi“ (vermutlich bezog sich seine Bemerkung mehr auf Arkadis Freund). In Bazarows Anwesenheit wies Pavel Petrovic eine hohe Nervositat auf und schien sehr unzufrieden damit zu sein, dass „этот волосатый“ (Bazarow) eine Weile zu Besuch bleiben wurde. Auch Bazarow bezeichnete Pavel Petrovic sofort als „чудаковат“ und seine Manieren als „архаическое явление“, au?erte Spott uber sein Aussehen, mit welchem „пленять-то, жаль, некого!“ und fasste das Ganze als lustig zusammen.

Bazarows Nihilismus

Nach der ersten au?eren und fluchtigen Bekanntschaft mit dem liberalen Pavel Petrovic stellte Bazarow im 5. Kapitel auch sein Ideenkonzept der Familie Kirsanow dar. Am nachsten Tag, wahrend die Familie auf Bazarow am Fruhstuckstisch wartete, erkundigte sich Pavel Petrovic bei Arkadi uber das Wesen von seinem Freund. Voll Begeisterung teilte Arkadi mit, dass Bazarow ein Nihilist sei, was die Bruder Kirsanow ziemlich aus der Fassung brachte. Zu dem gesagten folgte auch eine Erklarung von Arkadi, dass „нигилист - это человек, который не склоняется ни пред какими авторитетами, который не принимает ни один принцип на веру, каким бы уважением не пользовался этот принцип“. Er fugte auch hinzu, dass „иному от этого хорошо, а иному очень дурно“. Pavel Petrovic, der mehr uber die Nihilisten informiert war als sein Bruder, schien nach dem Gesagten sehr nervos und gereizt zu sein. Er meinte, dass „для людей старого века“ wie er, „без принципов ни шагу ступить, ни дохнуть“. Er reimte das Wort Nihilist mit „гегелист“ und au?erte hochste Spannung daruber, wie die Nihilisten in der Zukunft „в пустоте и безвоздушном пространстве“ existieren wurden.

Mit ziemlicher Verspatung zum Fruhstuck (am fruhen Morgen begab sich Bazarow auf einen kleinen Spaziergang um die Gegend von Marjino auszukundschaften und fur seine anatomischen Experimente, die allerdings durch die „Vater“ verspottet wurden, ein Paar lebendige Frosche zu fangen), erschien Bazarow vollig verschmutzt am Fruhstuckstisch. Sein Erscheinen wurde mit Spott des au?erst gereizten Pavel Petrovic mit „вот и господин нигилист“ angekundigt. Im weiteren Gesprach redete Bazarow ziemlich stolz und selbstsicher uber seine nihilistischen Uberzeugungen. Seine freche Haltung und Redeweise emporte und beleidigte zutiefst „высоко аристократическую натуру Павла Петровича“. „Этот лекарский сын не только не робел, oн даже отвечал отрывисто и неохотно, и в звуке его голоса было что-то грубое, почти дерзкое”. Im Laufe der Diskussion erklarte Bazarow, das er sich mit Physik und allgemein mit Naturwissenschaften beschaftigte, im Grunde aber an keine Wissenschaft glaubte sowie keinen Wissenschaftlern (weder russischen noch deutschen) vertraute. („Да зачем же я буду их признавать? И чему я буду верить? Мне скажут дело, я соглашаюсь, вот и всё.“) Er meinte auch, wenn man schon daruber redete, dass ein anstandiger Physiker viel wertvoller als ein Dichter sei. Ansonsten akzeptiere er selbst keine Lehre und keine Kunst. (“Есть науки как ремесла, знания, a наука вообще не существует вовсе.“) Diese Aussage beweist den reinen Opportunismus von Bazarow, im Sinne von seiner uberzeugend praktischen und zweckma?igen Lebenssicht.

Zum Schluss der Diskussion wirkte Pavel Petrovic tief beleidigt und aufgelost. Der Sinn des Gesagten von Bazarow war, dass das, was die Generation von den „Vatern“ je gelernt und verehrt hat, die Generation von Bazarow als zwecklos, altmodisch und scholastisch darstellte. Alle Werte, die seit Zeiten fur ihn und seinen Bruder Nikolai existierten, wurden als „вздор“ bezeichnet (nach den Worten von Pavel Petrovic selbst). In dem Gesagten sah er auch eine personliche Note. Nichts konnte fur einen aristokratischen “Lowen“ wie Pavel Petrovic so niederwertig und abschatzend sein, als in den Augen von „провинциального лекарского сына“ als „oтсталый колпак“ aufzutreten.

Die Weltanschauung der nichtadeligen Generation der 50-60er Jahre des 19. Jahrhunderts sowie die Generation der Materialisten und Nihilisten entsprachen im Wesentlichen den Au?erungen von Bazarow. Eine starke, kompromisslose Verneinung von allen fruher existierenden Formen und Errichtungen war auch fur Buchners, Moleschots und Vogts vulgarmaterialistische Philosophie sehr charakteristisch. Carl Vogt schrieb in der Einleitung zu seinen „Physiologischen Briefen“ folgendes: „Die Autoritaten haben nicht mehr das Gewicht wie fruher; eine Thatsache gilt heut zu Tage nicht de?halb, weil sie von diesem oder jenem Forscher ist aufgefunden worden, sondern darum weil sie wahr ist.“ Carl Vogt, Physiologische Briefe fur Gebildete aller Stande, 2. vermehrte u. verbesserte Aufl., S. 11. Bei: Thiergen P., Zum Problem des Nihilismus in Turgenevs Roman „Vater und Sohne“, Welt der Slawen 1993, S. 350 Buchner au?erte sich genauso deutlich in Bezug auf die Naturwissenschaften, denen „jede Art von Autoritatsglauben“ fremd sei. Cernysevski und Pisarev waren in Russland ebenso beschuldigt worden, „oтрицание авторитетов“ auszuuben. Dasselbe sagte auch Bazarow, als ein gro?er Anhanger der materialistischen Theorie: „В теперешнее время полезней всего отрицание - мы отрицаем. - Всё? - Всё.“ (10. Kapitel). Zu Bazarows Negationstheorie gehorte auch die missbilligende Sicht auf die Aristokratie. Speziell die allgemeine Ignoranz, die konservative Einstellung und auch das Benebeln des einfachen Volkes durch die Nichtaufklarung des herrschenden Aberglaubens und des Unwissens, unterstellte Bazarow den Aristokraten.

Das Gesamte bildet ein strenges System, das samtliche Ansichten der vulgarmaterialistischen Philosophie von Buchner als auch der dialektisch-materialistischen Theorie von Cernysevski in sich aufgenommen hatte. Dieser Hybrid von materialistischen und nihilistischen Theorien entsprach der Weltanschauung vieler studentischer Naturwissenschaftler und auch der von Bazarow. Sie negierten alles was sie als veraltet und „nutzlos“ fanden. Eine uberzeugend opportunistisch-praktische Lebenssicht setzten sie an die erste Stelle.

Die Verneinung war kein zufalliges Merkmal an Bazarows Charakter. Der Grund, wofur er das ganze System der gesellschaftlichen Errichtung verneinte, war die Nutzlichkeit. In diesem Punkt folgt Bazarow der utilitaristischen Theorie. „Mы действуем в силу того, что признаём полезным“ - sagte Bazarow im 10. Kapitel in der weiteren Diskussion mit Pavel Petrovic. „Aристократизм, либерализм, прогресс, принципы (…) - подумаешь сколько иностранных … и бесполезных слов! Русскому человеку они даром не нужны.“; „Да начто нам эта логика? Мы и без неё обходимся.“ In der weiteren Diskussion wies er auch auf sein Ziel der Negierung hin: „Строить - не наше дело. Сперва надо место расчистить“. Die Aussage, dass eine Negierung der Gesetze kein aufbauendes Ziel hat („не строить“, sondern erst den Platz frei machen) zeigt den Unterschied zu den klassischen deutschen Nihilisten. Die deutsche nihilistische Schule (insbesondere die Arbeiten von F. Nietzsche und A. Schopenhauer), welche eine allgemeine Negierung als Grundlage ihrer Lehre hatte, verfolgte mit ihrer Theorie folgendes Ziel: die Abkehr von den alten Regeln und Prinzipien um etwas Neues und Aktuelles an ihrer Stelle aufbauen zu konnen. Friedrich Nietzsche kritisierte in seinen Werken Moral, Religion, Philosophie, Wissenschaft und alle Formen der Kunst. Als den einzigen „anstandigen Typus in der Geschichte der Philosophie“ akzeptierte Nietzsche nur die Skeptiker. Besondere Kritik ubte er in seinen Werken an der christlichen Moral, die er als abendlandisch und zuruckgeblieben bezeichnete. Seiner Ansicht nach sollte man auf einen veralteten und lacherlichen Glauben verzichten, um eine neue „Religion“, die im Grunde rein atheistisch ist, aufzubauen. „Ich kenne den Atheismus durchaus nicht als Ergebniss, noch weniger als Ereigniss: er versteht sich bei mir aus Instinkt. Ich bin zu neugierig(…), um mir eine faustgrobe Antwort gefallen zu lassen. Gott ist eine faustgrobe Antwort, eine Undelicatesse gegen uns Denker -, im Grunde sogar bloss ein faustgrobes Verbot an uns: ihr sollt nicht denken! …“ Friedrich Wilhelm Nietzsche, Ecce Homo, Warum ich so klug bin, 1. Abschnitt. Bei: Henning O., Nietzsche-Handbuch: Leben - Werk - Wirkung. Metzler, Stuttgart/Weimar 2000, S. 224 Nietzsche bezog sich in seinen Werken auch auf eine Verabsolutierung der Negation - eine rein theoretische, aber ziemlich radikale Verneinung einer naturlichen Weltgewissheit, infolgedessen ein offenes und ein inhaltsleeres Bewusstsein entsteht. In diesem Bereich unterschied sich seine Theorie von den Uberzeugungen von Bazarow, da Bazarows Negierung eine praktisch-opportunistische Richtung annahm.

Das Pronomen мы, das Bazarow in seinen Au?erungen verwendet, klingt etwas ungewohnt und einsam im Kreise der Familie Kirsanow. Auf solche Weise konnte mit seinem politischen Gegner wahrscheinlich kein provinzieller Arzt, sondern ein Ideologe oder ein gro?er Redner sprechen. Bazarows мы ist nicht nur auf seine Person bezogen, er sprach die Meinung seiner vielen Kollegen aus, deren Existenz den Brudern Kirsanow, die Bazarow als ein seltsames aber mutiges Phanomen betrachteten, nicht bewusst war. Der Appel Bazarows war in erster Linie auf eine deutliche theoretische und praktische Abgrenzung mit den Liberalen gerichtet. Fur dieses Ziel kampfte er folgsam und unentwegt im Laufe des ganzen Romans, sogar in den Momenten, wo er sich psychologisch zerstort fuhlte und einige seiner Behauptungen uberdenken musste.

Die Quintessenz des Kampfes mit Liberalen fur die politische Vermessung findet im 26. Kapitel statt. In einem Dialog mit Arkadi weist Bazarow auf einen deutlichen Unterschied zwischen revolutionar gerichteten Nichtadeligen (которые „драться хотят“ und zu denen er selbst gehorte) und „дряблыми и смиренными либералами“, die bestenfalls fur “благородное кипение“ fahig sind (damit ist die Familie Kirsanow mitsamt Arkadi gemeint), hin. Bazarow au?ert sich uber die Meinungsunterschiede mit Arkadi auf die Weise, dass er keine Moglichkeit auf einen gemeinsamen Kompromiss zwischen ihnen sieht. Mit all seiner Skepsis und seinem Pessimismus, niedergeschlagen und betrubt von dem uberlebten Liebesungluck, bleibt Bazarow seinen Ansichten treu bis zum Schluss. Wie von einem hohen Podest kommentierte er das Leben: „Чем бы мы наш жизненный чемодан не набили - лишь бы пустоты не было.“; „A теперь повторяю тебе на прощание… потому что обманываться нечего: мы прощаемся навсегда (…). Tы для нашей горькой, терпкой, бобыльной жизни не создан. В тебе нет ни дерзости, ни злости, a есть молодая смелость, да молодой задор; для нашего дела это не годится. Ваш брат дворянин дальше благородного смирения или благородного кипения дойти не может, a это пустяки. Вы, например, не дерётесь - и уж воображаете себя молодцами,- a мы драться хотим. Да что! Наша пыль тебе глаза выест, наша грязь тебя замарает, да ты и не дорос до нас, ты невольно любуешься собою, тебе приятно самого себя бранить; a нам это скучно - нам других подавай! Нам других ломать надо! Tы славный малый, но ты всё-таки мякенький, либеральный барич - e volatu, как выражается мой родитель“.

In Bazarows Monolog ist eine deutliche Bitterkeit und auch eine tiefe Enttauschung im Bezug auf Arkadi zu horen. Hinter aller Unabhangigkeit und Gleichgultigkeit, die er in seine Worte legen wollte, ist seine bittere Einsamkeit nicht zu ubersehen. Diese Einsamkeit ist erzwungen und nicht durch seine eigenwillige Natur bedingt. Uber die nichtgelungene Freundschaft mit Arkadi au?erte sich Bazarow: „мы приелись друг другу“, um seine zerbrochenen Hoffnungen in Bezug auf seinen Kollegen nicht zum Vorschein kommen zu lassen. Am Ende des Romans bezeichnete er Arkadi sogar mit dem Adjektiv „мягенький“ - derjenige, der zu keinen radikalen Handlungen fahig ist - im Gegenteil zu Bazarow selbst, wodurch seine Enttauschung deutlich wird.

„Горькая, терпкая, бобыльная жизнь“, dass von Bazarow genannt wurde - ist das historisch beschriebene reale Leben von den russischen Progressiven, die „место расчистить“ fur ein neues Leben strebten. Turgenevs Ansichten unterschieden sich von denen Bazarows. Der Autor stand mehr an der Seite eines reformatorischen Weges der Ordnungsanderung als auf der von revolutionaren Ma?nahmen. Wahrscheinlich deshalb au?erte sich Bazarow im 27. Kapitel: „я нужен России… Нет, видно не нужен. Да и кто нужен?“ An der Stelle schien Bazarows Pessimismus mit dem von Turgenev verbunden zu sein.

Trotz der unterschiedlichen Einstellung zwischen Turgenev und Bazarow befindet sich eine tiefe Sympathie des Autors zum Bazarows Charakter und seinen menschlichen Charakterzugen, was in seiner Darstellung deutlich zu sehen ist. Bazarow wirkte immer als ein ehrlicher, zielstrebender und vollig hingebungsvoller Verfechter seiner Idee „во имя общественного блага“. Beim Lesen der Szene Bazarows mit Odincova empfindet man ein tiefes Mitleid zu seiner Personlichkeit, die sogar beim Sterben ihrer Ansichten treu bleibt. (Bazarow uber sich selbst): „(…) червяк полураздавленный, а ещё топорщится. И ведь тоже думал: обломаю дел много, не умру, куда! Задача есть, ведь я гигант! A теперь вся задача гиганта - как бы умереть прилично, хотя никому до этого дела нет… Всё равно: вилять хвостом не стану.

Damit meinte Bazarow, dass absolut Nichts - nicht einmal der Tod - seine Sicht auf das Leben andern und ihn auf eine milde liberale Denkweise umorientieren kann. In seinen Worten hort man einen tiefen philosophischen Pessimismus, wahrscheinlich den Pessimismus von Turgenev selbst. Die stark ausgepragtee maximalistische Sichtweise, die insgesamt von seinen hohen Anspruchen zu sich selbst und zu den Anderen bedingt war, bleibt aber trotzdem erhalten.

Uber Bazarows Materialismus

Die Tatsache, dass Turgenevs Charakter Bazarow eine ausgepragte materialistische Weltanschauung besa?, wurde durch die Analysen von Turgenevs Werk festgestellt. Die Frage nach der Art von Bazarows Materialismus - einen konsequenten oder einen vulgaren - lasst sich durch eine konkrete Analyse beantworten. Im Roman au?erte Bazarow einige Ideen, die sehr nah an der anthropologischen Philosophie von Cernysevski als auch an der vulgaren Philosophie von Buchner lag. Im laufe des Romans nahern sich die Ansichten von Bazarow eher an die vulgar-materialistischen Theorien an. Um die Natur von Bazarows Materialismus zu verstehen, muss man vor allem die Grundlagen dieser Theorie bestimmen, das hei?t, in der ersten Linie den Unterschied zwischen den konsequenten und den vulgaren Materialismus und auch den Idealismus zu benennen.

Die materialistischen Theorien sind eng mit dem Begriff Sensualismus verbunden. Unter diesem Begriff ist die Erkenntnistheorie zu verstehen, die als einzige Quelle der allgemeinen Erkenntnis die Natur der Wahrnehmung sieht. N. I. Cernysevski in seinem Werk „Антропологический принцип в философии“ Пустовойт, S. 190 betrachtet die Wahrnehmung als eine Wiederspiegelung von der objektiven Realitat. Diese Art von Sensualismus nennt man konsequent und bildet die Basis der materialistischen Erkenntnistheorie. In seinen Aussagen identifizierte Bazarow die Wahrnehmung mit dem Bewusstsein. Er handelte im Namen der Wahrnehmungen: „Я придерживаюсь отрицательного направления - в силу ощущения. Mне приятно отрицать, мой мозг так устроен - и баста!“; „Отчего мне нравится химия? Отчего ты любишь яблоки?- тоже в силу ощущения. Это всё едино. Глубже этого люди никогда не проникнут.“ (Kapitel 21) In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Theorie von Bazarow von der von Cernysevski. Der Unterschied zwischen der Zuneigung beispielsweise zu Apfeln und der zu Chemie liegt grundsatzlich darin, dass man Apfel infolge der Wahrnehmung und des Geschmacks mag, aber sich mit Chemie infolge ihrer Nutzlichkeit ihrer Notwendigkeit beschaftige. Das Gleiche kann man auch auf die Verneinung einer gesellschaftlichen Ordnung beziehen: man verneint die herrschenden Prinzipien aus Zweckma?igkeit und nicht infolge eigener Empfindung. Bazarow uberschatzte die Kraft der Wahrnehmung und unterschatzte die Spezifik von Bewusstsein an sich, indem er seine Neigung zum Nihilismus den "Apfeln" gleichsetzte. Пуcтовойт, S. 191-192

Aus dialektischer Sicht auf alle Lebewesen scheint die Meinung Bazarows etwas engsichtig zu sein. Im 16. Kapitel au?erte er sich, dass „изучать отдельные личности - не стоит труда“, weil „люди - что деревья в лесу“; „нравственные качества одни и теже у всех: небольшие видоизменения ничего не значат. Достаточно одного экземпляра, чтобы судить обо всех других“. In Bazarows Uberzeugungen fehlt Dialektik. Statt uber die dialektische Einigkeit aller Lebewesen zu sprechen, redete Bazarow uber ihre volle Identitat und sah ihren qualitativen Unterschied nicht ein. „Mы с тобой те же лягушки.“ (5. Kapitel) Bazarows Meinung in Bezug auf die Struktur von Lebewesen ist metaphysisch und liegt dem vulgaren Materialismus von Buchner nah.

Bazarow und Volk

Die Beziehung von Bazarow zum russischen Volk stellt ein kompliziertes Problem dieses Romans dar, was durch eine tiefe Widerspruchlichkeit und Entwicklung durch den Autor gekennzeichnet wird. Von einer Seite „владел Базаров особым умением возбуждать к себе доверие в людях низших“, schreibt der Autor uber ihn. Er spurte in sich eine organische Verwandtschaft mit dem Volk. „Mой дед землю пахал - с надменной гордостью отвечал [Павлу Петровичу] Базаров.- Спросите любого из ваших же мужиков, в ком из нас - в вас или во мне - oн признает соотечественника. Вы и говорить-то с ним не умеете.“ (10. Kapitel) In dieser Hinsicht ist Bazarow von dem Autor sehr demokratisch dargestellt worden - er kann mit dem Volk reden. Turgenev unterstrich, dass „слуги также привязались к нему, хотя он подтрунивал над ними: они чувствовали, что он всё-таки свой брат, не барин.“ In den direkten Gesprachen mit einem der Diener ist Bazarow sehr familiar und freundlich dargestellt worden. („Ну, поворачивайся, толстобородый, - обратился Базаров к ямщику.“ 2. Kapitel).

Auf der anderen Seite au?erte sich Bazarow uber das Volk sehr scharf („Русский мужик бога слопает“), ironisierte uber es und gab sich am Ende des Romans sogar geringschatzig (das Gesprach mit einem Bauer im 27. Kapitel). Die eintonige, alltagliche Wahrheit uber das russische Volk wurde sehr grob, lapidar, mutig und vollig ungeschminkt von Bazarow ausgesprochen. Auf die Frage von Pavel Petrovic: „Стало быть, вы идёте против своего народа?“ antwortete Bazarow: „A хоть бы и так? Народ полагает,что когда гром гремит, это Илья-пророк по небу разъезжает. Что ж? Mне соглашаться с ним?” Damit au?erte Bazarow seine starke Unzufriedenheit mit dem ungebildeten und aberglaubischen russischen Volk. Es ist zu erkennen, dass Bazarow das Volk mit all seinen Bedurfnissen und Anforderungen verstand und sehr rational alle seine Verirrungen einschatzen konnte. Deswegen erscheint Bazarows Kritik und Verspottung des fehlerhaften und konservativen Verhaltens des Volkes, was einen Fortschritt deutlich verhinderte, gerechtfertigt. Die scharfe und zerstorerische Kritik von Bazarows Seite war aber trotzdem auf die Verteidigung der Volksinteressen gerichtet, er strebte eine allgemeine Aufklarung und eine Befreiung des Volkes aus ihrem niedrigen und sklavischen Zustand an, in dem das Volk seit den Zeiten „дореформенной России“ steckte.

Mit einer nuchternen Kritik an Allem, was das Volk an einer progressiven Entwicklung hinderte, naherte sich Bazarow doch allgemeiner Skepsis und Enttauschung sowie zu tiefem Pessimismus in Bezug auf die Zukunft des Volkes. Im 10. Kapitel machte der Autor einen Versuch, Bazarow dem Volk zu entfremden. Turgenev strich ein Ausschnitt aus dem Text weg, der eine sehr wichtige Phrase von Bazarow enthielt: „Mы не одни и народ не против нас“. Ohne diese Aussage verlor Bazarow jede Ahnlichkeit mit den Demokraten wie Cernysevski und Dobrolubov, fur die die Zukunft des Volkes wichtiger als alles anderes war. In dieser Hinsicht veranderte sich der Charakter von Bazarow gleich wie im Fall mit Odincova: von Hoffnung und Glaube zum Skeptizismus und Pessimismus. Im 21. Kapitel redet Bazarow uber „будущее мужика“: „A я возненавидел этого последнего мужика (…) для которого я должен из кожи вон лезть и который мне даже спасибо не скажет… да и на что мне его спасибо? Ну, будет он жить в белой избе, а из меня лопух расти будет, ну а дальше?” In diesem Monolog redete Bazarow wie eine hochst egozentrische Personlichkeit, die sich fur die Zukunft seines Volkes uberhaupt nicht interessiert. Sein Kummer uber die eigene Person und uber sein biologisches „ich“ uberwaltigte in Bazarow die Gro?zugigkeit und Edelmut, die er am Anfang hegte. Das Verhalten von Bazarow lasst sich folgenderma?en erklaren: wie ein ausgezeichneter Beobachter merkte Turgenev, dass weniger typische Vertreter der nichtadeligen Intelligenz die Tatsache, dass das Volk eine grundlegende und entscheidende Kraft der Geschichte war, stark bezweifelten. Daher kam auch ihr Skeptizismus in Bezug auf die Zukunft des Volkes, da sie an ihre eigene Krafte nicht glaubten.

Etwas uberraschend und sogar unlogisch nach dem Gesagten erschien das Benehmen von Bazarow in der Situation, als er derselben „мужик“, gegen dem er eine scharfe Aussage warf, heilte. Gesteuert von seiner Berufung als Arzt, kam Bazarow immer allen Bedurftigen zu Hilfe (mehrmals behandelte er Mitja und sogar seinen Feind - Pavel Petrovic). An dieser Stelle schrieb Turgenev wohl seinem Helden die Charakterzuge zu, die nichtadelige Demokraten dieser Zeit nicht besa?en.

Die allgemein skeptische Denkweise von Bazarow uber das russische Volk kann auch durch seine Reaktion auf die mehrjahrige Idealisierung des Volkes von der Seite der Slawophilen bedingt sein. Die liberalen Slawophilen „рядили русского мужика в верноподданический кафтан“ und bildeten „патриархальные идилии“ um ihn. In diesem Fall betrachtete Pavel Petrovic die Patriarchalitat des Volkes als sein Vorteil und lag damit der slawophilischen Idealisierung von allem Verknocherten und Zuruckgebliebenen des Volkes sehr nah. Bazarow bestritt die allgemeine Ruckstandigkeit des Volkes nicht, hielt sie aber fur einen gro?en Nachteil. Er ging von Zeit zu Zeit ins Dorf und „подтрунивая, по обыкновению“ sprach mit irgendeinem Bauern. „В вас, говорят, вся сила и будущность России, от вас начнётся новая эпоха в истории…“ - diese Worte waren von Turgenev aus „Славянофильское учение“ entnommen worden. Mit einem hohnischen Spott sprach Bazarow sie aus. Aus diesen Gesprachen ist eine negative Ironie von Bazarows als auch von Turgenevs Seite zu slawophilischen Ansichten zu erkennen. Turgenev hielt sich fur einen „заклятый враг славянофильства“ und fand ihre Theorie „ложной и бесплодной“ - wie er selbst im Artikel „По поводу „Отцов и детей“ schrieb. И. С. Тургенев в его рассказах из своей жизни и в его письмах. (1874-1883), Журнал “Русская старина”, 1883, N° 10, bei Пустовойт, S. 173 Genauso wie sein Autor meinte Bazarow, dass „мужик“ noch ungebildet und unwissend sei und naiv an die Welt „на трёх рыбах“ glaube. Seiner Meinung nach sollte man das Volk erst „пробудить и просвятить“, bevor man uber seine Zukunft redete.

Bazarow und Naturwissenschaft

Eine interessante Au?erung Bazarows beschrieb Turgenev in einem Dialog von Bazarow mit Pavel Petrovic im 6. Kapitel. Mit Bazarows Worten au?erte Turgenev gro?en Schmerz und Bitterkeit uber die allgemeine wissenschaftliche Zuruckgebliebenheit des Volkes: „Куда нам до Либиха! Сначала надо азбуке выучиться, а потом уже взяться за книгу, а то мы ещё аза в глаза не видали“. Um zu verstehen, dass damit mehr die allgemeine Volksaufklarung gemeint war, als der Wissenschaftler Liebig selbst, muss man auch dem Dialog Bazarows mit seinem Vater im 20. Kapitel Aufmerksamkeit schenken. Hier au?erte sich Bazarow sehr skeptisch in Bezug auf die Wissenschaftler Schenlein und Rademacher, die sein Vater seit Jahren verehrt hatte. Am Ende der Diskussion meinte Bazarow, dass er uberhaupt niemandem vertraute: „Мы теперь вообще над медициной смеёмся и не перед кем не преклоняемся. - Как же это так? Ведь ты доктором хочешь быть? - Хочу, да одно другому не мешает.” Auf die Frage, wie man Arzt werden und die Heilkunde dabei auslachen kann, gibt es folgende Erklarung: die Medizin, die Bazarow lacherlich fand, basierte entweder auf einer mechanischen oder einer idealistischen Philosophie und unterschied sich nicht so sehr von „гадание на кофейной гуще“. Bazarow kritisierte diejenige Wissenschaft, die nicht auf wissenschaftlichen Experimenten begrundet war und daher keine praktische Prufung uberstand. Im Gegenteil akzeptierte Bazarow nur die Medizin, die auf einer neuen, echten und praktisch-materialistischen Lehre basierte. Bazarows Experimente mit Froschen, die standig durch den Liberalen Pavel Petrovic verspottet wurden, war keine zufallige und kunstliche Erfindung von Turgenev, sondern eine Zusammenfassung von konkreten Lebenstatsachen.

Die Naturwissenschaften in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts erlebten in Russland einen starken Entwicklungsaufstieg. Sie ergriffen alle Gesellschaftsschichten und wurden zu einem Muss des gebildeten Menschen. Sehr viele Schriftsteller der 60er Jahre wie Nik. Uspenski, V. Sleptsov, A. Levitov und M. Voronov waren studierte Mediziner und beschaftigten sich mit wissenschaftlichen Experimenten im Bereich der Anatomie. Es ist allbekannt, dass der Vater der russischen Physiologie, I. M. Secenov, dessen Ansichten sich unter dem Einfluss von den russischen Naturwissenschaftlern formierten, seine bekannten Experimente ausgerechnet mit Froschen durchfuhrte. Seine Untersuchungen bewiesen, dass die Anatomierung von Froschen, sowie alle andere praktischen Experimente ein unerlasslicher Bestandteil der eigenen wissenschaftlichen Forschung und der Selbstbildung ist. Nur die Leute, die zur russischen Wissenschaft feindselig und vertrauenslos waren, stellten die Wichtigkeit und Ernsthaftigkeit von Bazarows Experimenten in Frage.

Zusammenfassend ist es offensichtlich, dass Bazarow ein Experimentator war. Er kritisierte eine scholastische und vom Leben abgelenkte Wissenschaft genauso wie eine abstrakte, idealistische Philosophie. Bazarow stand auf der Seite der konkreten und handwerklichen Lehre und „простого ремесла“, die von dem einfachen Volk beherrscht werden konnten. In dieser Hinsicht trat er immer wieder als Aufklarer der Bevolkerung auf.

Bazarows Ansichten auf die Kunst

In dem Artikel „По поводу „Отцов и детей“ schrieb Turgenev: „…я исключил из круга его симпатий всё художественное“ und „должен был именно так нарисовать его фигуру“. Er bemerkte dabei, dass „за исключением воззрения на художество, - я разделяю почти все его убеждения“. Aus dem Text des Romans folgt, dass Bazarow weder die Kunst an sich, noch ihre Auspragungen akzeptierte, wie beispielsweise Poesie, Malerei und Musik. „Порядочный химик в двадцать раз полезнее всякого поэта“, „Рафаэль гроша медного не стоит“ - ahnliche Aussagen trifft man ziemlich oft in dem Text. Bazarow ironisierte und spottete uber Nikolai Petrovic als er Cello spielte und Puskin zitierte und kommentierte es mit folgender Bemerkung: „и охота же быть романтиком в нынешнее время!“ Im Gesprach mit Odintsova erklarte er ihr ganz ehrlich: „Вы… не предполагаете во мне художественного смысла, - да во мне действительно его нет.“

Manche Kritiker wie N. Strachov und M. Katkov erklarten dieses Phanomen damit, dass Bazarow eine sehr strenge Person sein sollte und „просто боится разнеживающего и размагничивающего влияния искусства“. Sie meinten, dass Bazarow die Kunst unter dem Einfluss vom eigenen Asketismus verneinte und sich vor der Kraft der Versohnung in der Kunst furchtete. Катков M. Н.: Роман Тургенева и его критики, bei http://lit.1september.ru/articlef.php (Zugang am 24.03.2008) Die zweite Hypothese von Bazarows Verneinung der Kunst druckt vor allem die sozialen Faktoren aus. Bazarow wollte nicht nur deswegen keine Kunst anerkennen, weil er in jeder Art der Kunst den Sieg von Phantasie uber den menschlichen Willen und auch die allgemeine Lebensversohnung sah, sondern auch, weil die Kunst in den 60er Jahren unberechtigt an die erste Stelle von Poeten und Kritikern gestellt wurde, also hoher, als alltagliche burgerliche Probleme und wichtige politische Fragen, die eigentlich zuerst gelost werden sollten. Zu der Zeit, als der Roman veroffentlicht wurde, war die Triumphale Demonstration der Theoretiker „Искусство для искусства“ bereits vorbei. An ihre Stelle kamen burgerliche und publizistische Interessen der Gesellschaft. Auf den Seiten mehrerer Zeitschriften waren allerdings standig Versuche unternommen worden, die Interessen der Jugend, die auf gesellschaftliche und politische Fragen gerichtet waren, auf asthetische Fragen der „reinen Kunst“ umzuorientieren.

Die nichtadeligen Demokraten wie Cernysevski waren der Meinung, dass besonders in der schwierigen Zeit von sozialen Konflikten die Kunst nicht an erster Stelle stehen sollte, da es mehrere Bereiche gab, die zu der Zeit wesentlich wichtiger waren. Wenn Bazarow sich negativ uber Schubert oder Puskin au?erte, richtete er damit seine Kritik weniger auf die Kunstler selbst, sondern auf ihre Rollen in der Losung wichtiger Fragen der Gegenwart. In der Handschrift strich Turgenev den fruher vorhandenen Dialog vom Pavel Petrovic und Bazarow weg, was den Grund von Bazarows Verneinung der Kunst vollkommen erklarte: „Коли вы так строги к поэтам, то уже разумеется, живописцам, музыкантам и прочим художникам от вас пощады ждать нечего? - Не о пощаде реч, я в них пользы не вижу.“

An erster Stelle standen fur Bazarow die Naturwissenschaften, nur sie konnten seiner Meinung nach die sozial-politische Situation in Russland verbessern. Die Losung der ma?geblichen Probleme der 60er Jahre, wie die Befreiung der Bauern, die Entwicklung der Naturwissenschaften, die Volksaufklarung und die philosophische Ideologie der Bevolkerung, mussten zunachst innerhalb der Gesellschaft vollzogen werden. Bazarows Ausfuhrungen, welche die Meinung mehrerer Vertreter der neuen Generation zusammenfassten, hatten folgende Aussage: die Kunst, die die Begeisterung fur das Schone an die erste Stelle setzte, lenkte die Gesellschaft von dem Angehen bedeutenderer Probleme ab und propagierte eine sorgenfreie panegyrische Lebenseinstellung. Bazarows Worte „Рафаэль гроша медного не стоит“, hatten in diesem Fall folgende Bedeutung: wenn Rafael, den die Kunstanhanger so vergotterten, das Allerwichtigste im Leben sein sollte und alles andere, wie Probleme der Aufklarung und das Streben zur gesellschaftlichen Entwicklung, ubersteigt, dann braucht man keinen Rafael. Es war eine typische Reaktion von einem Vertreter der neuen Generation auf den Versuch, die Kunst zu fetischisieren. Bazarows Worte beweisen seine opportunistische Lebenseinstellung und Zuneigung zur Nutzlichkeitstheorie. Was sich allerdings nicht bestreiten lasst ist die Tatsache, dass ihm mehrere Kunstwerke bekannt waren: er zitierte auswendig aus „The Brige of Abydos“ von Byron, erwahnte die englische Schriftstellerin Radcliffe und einen romantischen Helden einer Ballade von Schiller - den Ritter Toggenburg.

Viele liberalen Ideologen wie P. Annenkov, A. Druzinin, A. Tolstoi und A. Fet stellten die Kunst auf den ersten Platz. Turgenev hat ihre Ansichten uberwiegend geteilt, was den Meinungsunterschied mit Bazarow in dieser Hinsicht belegte. Fur Turgenev war die Kunst in den Jahren, als er „Vater und Sohne“ schrieb, sehr bedeutend und „сильнее самой природы“ - wie er es selber formulierte. Die Entwicklung von offentlichem Gedankengut stellte sich Turgenev als Grund fur einen moglichen Niedergang der Kunst vor. Diese Tatsache belegte auch die Meinung von mehreren studierten Naturwissenschaftlern der 60er Jahre: das Interesse fur Kunst und fur Asthetik hielten sie fur nicht mehr aktuell. Sie erkannten zwar die gro?e Rolle der Schriftsteller und Maler in der Verbreitung der neuen offentlichen Gedanken und in der Erziehung der neuen Weltanschauung an, waren aber uberzeugt, dass die schone Zeit der Romantik und der Kunst allgemein langst vorbei war. Von daher folgt die Replik von Bazarow im 9. Kapitel: „И охота же быть романтиком в нынешнее время!“ Buchners „Kraft und Stoff“ belegt ebenso folgende Ansicht: in seinem Werk schrieb er, dass in der Literatur „die Zeiten der Romantik“ endgultig vorbei sind. Auch die von den Romantikern verklarte Liebe hielt er im Grunde fur einen „blo? physiologischen Vorgang“. Auch Buchners Meinung, dass „der Menschengeist ein Produkt des Stoffwechsels“ ist und „jedes lebendige Wesen vor allem ein „chemisches Laboratorium“ ist, so dass „Menschen- und Thierseele fundamental dasselbe“ sind Thiergen P., Zum Problem des Nihilismus in I. S. Turgenevs Roman „Vater und Sohne“, S. 346 - entspricht der Meinung von Bazarow, der auch die Natur als „мастерская“ und alle Lebewesen als gleichaufgebaute Elemente betrachtete.

Aus der Analyse von Bazarows politischen, philosophischen, wissenschaftlichen und asthetischen Ansichten und seiner Beziehung zum Volk lasst sich ableiten, dass sein Charakter sehr wichtige und typische Zuge der Jugend der 60er Jahre wiederspiegelte und auch viele materialistische Ansichten der deutschen und russischen Nihilisten vertrat. Wie es oben schon erwahnt wurde, war im Laufe des Romans sein Charakter einer Evolution unterworfen. Das Prozess und die Folgen dieser Evolution werden im folgenden Abschnitt erlautert.

Evolution im Bazarows Charakter

Bis zum 14. Kapitel, im dem die Bekanntschaft Bazarow mit Odintsova stattfand, wirkte Bazarow als ein Mensch mit nuchternem und tiefem Verstand, der selbstbewusst, stolz und zielstrebig war, der weder Pessimismus noch Skepsis besa? und der einen starken Einfluss auf andere Menschen hatte. Bazarows Verhalten belegte auch seine Fahigkeit, anderen Menschen mit seinen Kenntnissen, Logik und Willen unter Druck zu setzen. Der Dialog mit Arkadi im 21. Kapitel beweist seine hohe Meinung uber sich selbst und sein Selbstbewusstsein - (Arkadi): „A ты на себя надеешься? Ты высокого мнения о самом себе? - Когда я встречу человека, который не спасовал бы передо мною, тогда я изменю своё мнение о самом себе.“ Vom 14. bis 18. Kapitel entwickeln sich die Beziehungen zwischen Bazarow und Odincova. Der Autor zeigte, dass in Bazarows Verhalten langsam bestimmte Veranderungen heranreiften, die mit dem Kampf von Bazarow mit sich selbst verbunden waren: seine Lassigkeit und Frechheit im Umgang mit den Leuten sind verschwunden, sowie die Selbstbeherrschung. Im Gegenteil, die ihm immer fremde Verlegenheit und Scheu kamen in Odincovas Anwesenheit zum Vorschein. Im 17. Kapitel erlauterte der Autor selbst diese Veranderungen: „В Базарове(…) стала проявляться небывалая прежде тревога: он легко раздражался, глядел сердито и не мог усидеть на месте, словно что его подмывало“. Die Beziehung zwischen Bazarow und Arkadi haben sich ebenso verandert: sie verbrachten weniger Zeit zusammen, Bazarow redete nicht mehr mit Arkadi uber Odincova und kritisierte nicht mehr ihre „аристократические замашки“. Der Grund fur all diese Veranderungen formulierte Turgenev folgenderweise: „Настоящей причиной этой „новизны“ было чувство, внушенное Базарову Одинцовой, чувство, которое его мучило и бесило, и от которого он тотчас отказался бы с презрительным хохотом и цинической бранью, если бы кто-нибудь хотя отдалённо намекнул ему на возможность того, что в нём происходило.“ Bazarow - der leidenschaftlicher Feind von Romantik „с негодованием осознавал романтика в самом себе“ und akzeptierte den Begriff „красота“. An dieser Stelle fuhrte Turgenev Bazarow zum schwersten Schicksalsschlag - er erlitt ein Fiasko in der Liebe. Dieser Zusammenbruch hatte schwere Konsequenzen fur Bazarow: ab dem 18. Kapitel revidierte er seine radikalen Uberzeugungen. Eine tiefe pessimistische Philosophie fing an ihn zu durchdringen. In seinen Au?erungen spurte man Traurigkeit und Verzweiflung: „Каждый человек на ниточке висит, бездна ежеминутно под ним разверзнуться может“. Sein Selbstbewusstsein verschwand, die Erbitterung und der vergebliche Wunsch, sich von der neugeborenen Romantik zu befreien, kam zum Vorschein. Bazarow gelang es nicht, wieder so zu sein, wie er vor der Bekanntschaft mit Odincova war. Er fuhlte sich niedergeschlagen und verletzt bis zum Ende des Romans.

Das Gesprach mit Odincova im 25. Kapitel stellte Klarheit in ihren Beziehungen: beide kamen zum Schluss, dass kein gegenseitiges Gefuhl zwischen ihnen entstehen wurde. Bazarow versuchte sie beide zu uberzeugen, dass er „давно опомнился и надеется, что другие забыли его глупости“. Die Entschuldigungen von Odincova stimmten mit denen von Bazarow uberein. Das Gesagte schien aber nicht allzu uberzeugend zu sein, selbst der Autor glaubte nicht dem, was seine Helden aussprachen. Wie ein Psychologe verstand Turgenev, dass die Logik von menschlichen Sympathien sehr kompliziert ist und den Au?erungen von den Menschen sehr selten entspricht. Zweideutig kommentierte er das Gesprach von Bazarow und Odincova im 25. Kapitel: „…Они оба думали, что говорили правду. Была ли правда, полная правда в их словах? Они сами этого не знали, а автор и подавно”.

In den letzten Kapiteln gelang es Bazarow nicht, sein Wutgefuhl, die Verwirrung und seine Bitterkeit zu uberwinden, sie begleiteten ihn bis zum Ende des Romans. Seine Worte zu Odincova im 27. Kapitel - „Дуньте на умирающую лампаду, и пусть она погаснет…“ - klangen wie ein letzter romantischer Akkord. Damit hat Turgenev seine Idee verwirklicht - Bazarow musste vor der Liebe, der verhassten Romantik und vor dem allmachtigen Leben resignieren.

Der Forscher Iv. Ivanov analysierte das Sujet von „Vater und Sohne“ und schrieb: „Нигилизм нашел свою судьбу там же, где и гегелианство: у ног женщины“. Иванов И., И. С. Тургенев, Жизнь. Личность. Творчество., Нежин 1914, S. 533 In allen bisher stattgefundenen Konflikten erhielt Bazarow den Sieg, er beeindruckte den Leser mit seinem brillanten Verstand und seiner Logik, in der praktischen Tatigkeit zeigte er sich als ein intelligenter und belehrter Wissenschaftler. Das Pech in der Liebe allerdings sturzte ihn von seinem Thron. Damit bewies Turgenev, dass die ungluckliche Liebe sogar einen solchen "Giganten" wie Bazarow niederschlagen kann.

„Мысль о человеческом ничтожестве“ im Roman

Unter den philosophischen Problemen, mit denen sich Turgenev im Laufe des Schaffens seiner Werke beschaftigte, war das Thema der menschlichen Bedeutungslosigkeit (мысль о человеческом ничтожестве). Das Ende von „Otcy i deti“ (der letzter Absatz), der mehrere Deutungen hat, spricht diese Frage in gewisser Weise an. In einem Resumee an den Roman schrieb Herzen: „Реквием на конце - с дальним апрошем на бессмертие души - хорош, но опасен, ты эдак не дай стреча в мистицизм“. Герцен А. И., Собр. Соч. в 30 томах, т. 27, кн. 1, Изд. АН СССР, Москва 1963, angegeben bei: А. Батюто, Тургенев-Романист, Ленинград Наука 1972, S.50 Auf diese Bemerkung antwortete Turgenev in seinem Brief, dass er „в мистицизм не ударился и не будет ударяться“. Tatsachlich hat das Ende vom Roman sehr wenig Gemeinsames mit dem Mystizismus. Die Frage von der Existenz Gottes war fur Turgenev noch in den Zeiten seiner Bekanntschaft mit Belinski negativ gelost worden. In der Zeit des Schaffens von „Otcy i deti“ versuchte er eine Mittelstellung zwischen Atheismus und Religion anzunehmen, was ihm allerdings nicht bedeutend gelang. Im Epilog des Romans sprach der Autor das Thema „о вечном примирении и жизни бесконечной“ an, das tief mit dem Motiv von „грешном, бунтующем сердце“ von Bazarow verbunden war. Von daher konnte abgeleitet werden, dass diese „примирение“ und „жизнь бесконечная“ Bazarow versprochen wurden. Da Turgenev Mystizismus ablehnte, bezogen die Kritiker den zweideutigen Sinn vom Romanepilog auf einen personlichen Zweifel Turgenevs in mehreren philosophischen Uberzeugungen in der Zeit des Schaffens. Der Epilog stellt eine kunstlerisch geloste, philosophische Synthese mancher asthetischen Fragen dar, die Turgenev beschaftigt haben.

Die Tatsache, dass die Natur allmachtig und ewig sei, ist seit langer Zeit festgestellt worden. Die Gedanken und die Gefuhle eines Menschen sind auch ewig, sie kehren immer wieder in den neuen Menschen zuruck. Das Auftreten von dem beliebten Ausdruck Turgenevs „равнодушная природа“ war deswegen im Romanepilog vollig berechtigt. Eine philosophisch-elegische, sogar pantheistische Stimmung des Epilogs, die keinesfalls als religios oder mystisch betrachtet werden kann, ist dadurch gewonnen worden.

In einem Artikel von M. K. Azadovski „Об одном сюжетном совпадении („Смерть аттеиста“ в романе Омулевского)“ Батюто A. in „Тургенев-Романист“, S. 55 verweist auf „Сборник Академии Наук СССР, XLV. Академику Н. Марру“, Изд. АН СССР, Москва 1935, S. 589 gab es folgenden Kommentar zu dem Romanende von „Otcy i deti“: „Раскаившийся и примирившийся с „небом“ перед смертью атеист - была одна из популярнейших тем не только у представителей реакционного крыла (…)“. In Turgenevs Roman allerdings befand sich Bazarow weit von den Gedanken uber „раскаяние“ und „примирении с небом“. Als ein uberzeugter Atheist, sogar vor dem Sterben lehnte Bazarow „просьбу отца причаститься“ ab. Aus dem Verhalten von Bazarow in Bezug auf die Religion lasst sich schlie?en, dass der Autor mit sehr deutlichen Strichen das Bild eines folgsamen Atheisten darstellte. Das Ablehnen von Religion durch die nichtadelige Generation der 60er Jahre war durch ihre Theorie der Verneinung von allen existierten Normen gepragt worden, was sich auch in Bazarows Charakter wiederspiegelte.

Das Thema „человеческого ничтожества“ war eins der fuhrenden Probleme der atheistischen Theorie. In den Au?erungen von Bazarow im Laufe des Romans ist dieses Thema deutlich zu spuren. (Kapitel 21.: „(…) они вот, мои родители то есть, заняты и не беспокоятся о собственном ничтожестве, оно им не смердит (…)“, Kapitel 22.: „Узенькое местечко, которое я занимаю, до того крохотно в сравнении с остальным пространством, где меня нет и где дела до меня нет; и часть времени, которую мне удаётся прожить, так ничтожна перед вечностию (…).“). Diese Uberlegungen haben mit der Abschatzung vom menschlichen Leben und der Verachtung von Menschen selbst wenig gemeinsam. Sie beziehen sich gro?tenteils auf die bedeutsamen Themen „Mensch und Natur“ und „Mensch und Ewigkeit“ und spiegeln die Gedanken einer denkenden und intellektuellen Person wider. Turgenev wollte in seinem Roman einen Menschen darstellen, der alles bis auf den Verstand bezweifelt und keine Macht von den anderen akzeptiert, in diesem Fall - die Macht einer zu ihm gleichgultigen „Gottheit“ - der Natur. Bazarow protestierte gegen die Urgesetze der Natur. Er fuhlte sich wie ein kleines Atom, „песчинка“ oder „червяк раздавленный“ und wollte sich mit seiner mickrigen Lage nicht abfinden.

Die Uberlegungen von Bazarow uber die Themen von Leben und Tod, von der Ewigkeit und der menschlichen Bedeutungslosigkeit stehen den Ansichten von Turgenev sehr nah. Nach der Meinung von B. Paskal, einen bedeutenden franzosischen Philosophen: „мысли о собственном ничтожестве - признак величия человека (…), ибо людей, обострённо чутко реагирующих на коренное противоречие между человеком и природой, считают величайшими из нас.“ Паскаль, Б., Мысли. С предисловием Прево-Парадоля. (angegeben bei Batjuto, Turgenev-Romanist, S. 72) Mit diesem Gedanken wurde eine der Grundlagen der Konzeption von Bazarows Charakter erlautert. Paskals Aussage gleicht auch mehreren Hinweisen von Turgenev selbst in Bezug auf Bazarow: der Autor meinte, dass Bazarows Personlichkeit „выходит далеко за пределы обычной человеческой положительной нормы“. Батюто A., Тургенев-Романист, S. 68 Daher folgt, dass die Gabe eines Menschen, eigene Nichtigkeit anzuerkennen, unablassig seine Gro?artigkeit und Majestat beweist.

Bazarows Ende

Der Tod von Bazarow stellte Turgenev bitter und edelmutig dar. Sein Tod war unabwendbar und Bazarow wusste es. Er kam so unerwartet, zufallig und unsinnig und er war durch einen nichtigen Grund bedingt worden. Bazarow starb allerdings nicht beim Vollenden einer gro?en Tat oder beim Kampf - in seinem Fall hat eine kleine Schnittwunde ausgereicht, um einen Menschen mit starkem Verstand und Willen umzubringen. Der Tod von Bazarow ist im Roman allgemein als Tod eines Menschen dargestellt worden. Damit au?erte Turgenev den Gedanken, dass das Leben eines Menschen jederzeit der Macht der allmachtigen Naturkraft unterstellt ist. Diese „gleichgultige“ Naturkraft kann jeden Moment ohne starke Anstrengung zerstoren.

Uber das Konzept vom Bazarows Tod schrieb B. Paskal folgendes: „Незачем целой вселенной ополчаться, чтобы раздавить его [человека]. Пара, капли воды достаточно, чтобы его умертвить. Но если бы даже вселенная раздавила его, человек был бы ещё более благороден, чем то, что его убивает; потому что он знает, что он умирает; а вселенная ничего не знает о том преимуществе, которое она имеет над ним”. Паскаль Б., Мысли, (angegeben bei Батюто А., Тургенев-Романист, S. 73)

Schlusswort

Mit Bazarow als Prototyp des Nihilisten machte Turgenev in „Vater und Sohne“ nicht nur den Begriff Nihilismus zum Schlagwort fur eine politisch-soziale Bewegung, er zeichnete auch ein Portrat der jungen Generation. In einer hohen kunstlerischen Form lieferte der Autor die Beschreibung des Konflikts, den die junge Generation mit der Generation der 40er Jahre austrug. Eine detaillierte Analyse des Charakter Bazarow in dieser Arbeit hat sowie seine ideologische Ansichten, als auch die Grundzuge seiner Personlichkeit erlautert. In seiner vielseitigen Darstellung vom Autor verweist Bazarows intelligente Personlichkeit auf seine epochale Bedeutung fur russische Gesellschaft. Die durgefuhrte Analyse von Bazarows Charakter lasst sich schlie?en, dass Bazarow - keine Illustration zur einen bestimmten politischen These, sondern ein vollstandiger kunstlerisch dargestellte Charakter sei.

A. V. Lunacarskij schrieb in seinem Artikel uber den Roman „Vater und Sohne“ „как об одном из центральных явлений во всей русской жизни“. Er betrachtete Bazarow als einen „положительным типом деятеля“, „первой в русской литературе личностью, перед которой каждый чувствует уважение“. Lunacarskij bestimmte die Bedeutung von Turgenevs Roman folgenderweise: „И сейчас, несмотря на то, что мы не похожи на людей тогдашнего времени, „Отцы и дети“- ещё живой роман, и все споры, которые вокруг него велись, находят известный отклик в наших душах“. Луначарский А. В., Статьи о литературе, Литература 60-х годов, Гослитиздат, Москва 1957, S. 198-200

Literaturverzeichnis

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3. Достоевский, Фёдор Михайлович: Собрание сочинений в 10 томах. T. 4. Гослитиздат, Москва, 1956

4. Henning, Оtto: Nietzsche-Handbuch: Leben-Werk-Wirkung. Metzler Verlag, Stuttgart/Weimar, 2000.

5. Иванов, Илья: И. С. Тургенев, Жизнь. Личность. Творчество. Нежин, 1914

6. Ирсетская, Лариса: И. С. Тургенев и Н. И. Надеждин о нигилизме. In: “Тургеневский Сборник”. Выпуск 1. Русский Путь, Москва, 1998

7. Луначарский, Анатолий Васильевич: Статьи о литературе. Литература 60-х годов. Гослитиздат, Москва, 1957

8. Никольский, Юрий: Тургенев и Достоевский (История одной вражды). София, 1921

9. Пустовойт, Пётр: Роман Тургенева Отцы и дети. Москва, 1964

10. „Русские писатели о литературном труде“, Т. 2. Издательство АН СССР, Mосквa, 1955

11. Tiergen, Peter: Zum Problem des Nihilismus in I. S. Turgenevs Roman „Vater und Sohne“. In: „Welt der Slawen“. Internationale Halbjahreszeitschrift fur Slavistik. Otto Sagner Verlag, 1993 Turgenjew, Iwan: Literaturkritische und publizistische Schriften. Berlin - Weimar, 1979

12. Tургеневский сборник под руководством Н. К Пиксанова. Т. 10. Издательство Огни, 1916

13. Чернышевский, Николай Гаврилович: Антропологический принцип в философии. С.-Петербург, 1960

14. http://lit.1september.ru/articlef.php (am 24.03.2008)




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